Fragen an Bettina Schulz
Fragen an Bettina Schulz
Ich bin Bettina Schulz und seit 17 Jahren bei der Agentur für Arbeit. Als Quereinsteigerin mit Erfahrungen aus der Wirtschaft führte mich mein Weg über den Arbeitgeberservice der Arbeitsvermittlung hin zur Berufsberatung.
Fast täglich beraten Sie junge Menschen zu einer der grundlegendsten Fragen in ihrem Leben: „Was soll / will / kann ich am besten beruflich mit meinem Leben anfangen?“ Sie müssen selbst einen der spannendsten Berufe haben!?
Das kann ich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Zu mir kommen die jungen Menschen, denen ich Wege aufzeigen darf, wie man zu einem passenden Beruf kommt. Man weiß vorher nie, welche Interessen und Fähigkeiten oder Talente die Ratsuchenden mitbringen, welche Ziele vorhanden sind und wie weit der Orientierungsprozess bereits schon ist. Im Gespräch zeigt sich dann, welcher Weg für den jungen Menschen der richtige ist.
Welcher Schüler-Typ ist für Sie persönlich die interessantere Herausforderung: der, der eigentlich noch überhaupt gar keinen Plan hat – oder das Mathe-Genie, das unbedingt Schauspieler werden möchte, obwohl es dazu offensichtlich kein Talent hat?
Beide Schüler-Typen sind in diesem Fall herausfordernd. Ich möchte hier gar nicht für mich bewerten, welcher Fall in der Beratung der interessantere wäre. Ziel ist es doch vielmehr, für beide das Richtige zu finden, damit ein erfolgreicher Start ins Berufsleben gelingt.
Begegnen Ihnen privat manchmal Menschen, bei denen Sie das Gefühl haben, dass sie vor der Berufswahl besser zu Ihnen gekommen wären?
Das kommt vor. Wenn mir Freunde oder Bekannte berichten, dass sie sich nicht wohl mit den beruflichen Aufgaben fühlen, denke ich schon manchmal nach, ob die Berufswahl die richtige war. Wenn ich dann erzähle, was ich als Berufsberaterin mache, ist der ein oder andere dabei, der sich dann wünscht, dass er gerne eine berufliche Beratung gehabt hätte.
Haben Sie selbst seinerzeit eine Berufsberatung in Anspruch genommen?
Nein, habe ich nicht, weil ich es persönlich nicht brauchte. Aber ich werde meiner Tochter den Rat geben, die Berufsberatung zu nutzen, um mit einem neutralen Experten über ihre beruflichen Vorstellungen zu sprechen. Entweder, damit ihre Berufswahl bestätigt wird oder vielleicht auch, um Alternativen zu finden. Das kann man als Elternteil oft nicht so gut, weil man selbst Vorstellungen für das eigene Kind hat und es besser ist, über solche Dinge mit jemand Neutralerem zu sprechen.
Bekommen Sie hin und wieder einmal Feedback von Auszubildenden, dass Sie ihnen den richtigen Rat gegeben haben?
Wenn Schüler oder Schülerinnen in der Schule sich bei mir bedanken, weil sie einen Ausbildungsplatz gefunden haben und sich darüber freuen, ist das ein tolles Feedback. Das kommt schon öfter vor. Manche Eltern werden auch „Wiederholungstäter“ und sagen: „Sie haben meine Tochter beraten, jetzt möchten wir gerne auch eine Beratung für unseren Sohn wahrnehmen.“ Das ist für mich eine Bestätigung, dass ich das Richtige tue.
Was war der „exotischste“ Beruf, über den Sie jemals ein Beratungsgespräch geführt haben?
Da ging es tatsächlich um den Beruf des Schauspielers. Ich habe den Wunsch des jungen Menschen ernst genommen. Er engagierte sich bereits in einer Laienspielgruppe, zeigte mir ein Handyvideo mit seinem pantomimischen Talent. Er fragte nach Wegen, wie er seinen Traumberuf verwirklichen kann. Gemeinsam haben wir verschiedenste Möglichkeiten gefunden. Im ersten Schritt musste er dafür eine Aufnahmeprüfung an einer Schauspielschule bestehen. Leider kenne ich das Ergebnis nicht. Wir sind so auseinandergegangen, dass er sich nur nochmals meldet, wenn er weitere Unterstützung benötigt. Ich gehe also davon aus, dass es geklappt hat.
Beim Ausbildungsmarkt Hellweg werden regelmäßig ca. 170 verschiedene Ausbildungsberufe vorgestellt; das Bundesinstitut für Berufsbildung verzeichnete in 2018 sage und schreibe 327 anerkannte Ausbildungsberufe in Deutschland. Wie machen Sie sich selbst mit all den Berufsfeldern überhaupt vertraut?
Das Motto „Lebenslanges Lernen“ gilt natürlich auch für eine Berufsberaterin. Alle Berufe kenne ich nicht im Detail, aber ich weiß, wie und wo ich etwas herausfinden kann. Ich finde es wichtig, mich immer wieder neu mit Hilfe verschiedener Medien zu informieren. Durch die täglichen Beratungen und meine eigenen beruflichen Erfahrungen in verschiedenen Wirtschaftszweigen konnte ich mich zur Expertin entwickeln. Auch der regelmäßige Austausch mit den Kollegen und Kolleginnen ist ein wichtiger Baustein, damit das Wissen aktuell bleibt. Dann helfen Betriebsbesuche, um auch die Ausbildungsmöglichkeiten in der Praxis kennenzulernen. So bleibe ich am Ball und erfahre dadurch, was sich verändert hat, oder welche Neuerungen es gibt. Die ein oder andere interne Schulung hilft natürlich auch.
Haben Sie Ihre eigene Berufswahl jemals bereut?
Nein. Ich bin mit Leib und Seele Berufsberaterin. Ich arbeite gerne mit jungen Menschen. Es freut mich, wenn ich durch meine Arbeit dazu beitrage, dass der passende Beruf gewählt wird und der Berufseinstieg gelingt.